Lea Keim meldet sich nach langer Verletzungspause mit voller Begeisterung und Spaß am Sport, im Triathlon zurück.

Rückschläge und Verletzungen sind im Leben eines Leistungs- und ambitionierten Sportlers nicht unnormal und können so manche Visionen, Ziele und Pläne aufwirbeln und nach hinten verschieben.
Doch gerade in solchen Phasen des Rückschlages, des Zweifelns und Haderns, des emotionalen Tiefs, ist es sehr wichtig die Gedanken in die gewünschte Richtung zu lenken, mental stark zu sein, an sich und seine Fähigkeiten zu glauben, seinem Körper zu 100 Prozent zu vertrauen und das Ziel klar vor den Augen zu haben. Die Kunst besteht darin das Tal zu analysieren, ggfls. Dinge zu verändern, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Frei nach dem Motto: „Einmal mehr aufzustehen als hinzufallen.“
Heute durfte ich mit meiner Tochter der Triathletin Lea Keim vom WMF-BKK Team AST-Süßen, die sich nach langer Verletzungspause in Viernheim mit einer beeindruckenden Leistung zurückgemeldet hat, ein Interview führen.

Frage: Lea, was ist das für ein Gefühl nach einer so langen laufbedingten Verletzungspause (ca. 3 Monate), wieder am Start eines Triathlon zu stehen?

Es war irgendwie ganz unwirklich. Ich hätte, um ehrlich zu sein, vor zwei Monaten nie damit gerechnet, in dieser Saison überhaupt noch einen Triathlon machen zu können. Mein letzter Triathlon ist schon über ein Jahr her und jegliche Wettkampferfahrung, die ich letztes Jahr- in meinem ersten Triathlonjahr- sammeln konnte, ist gefühlt schon eine Ewigkeit her. Deswegen musste ich speziell auch die Wechsel aufs Neue gut üben und verinnerlichen und mir Schritt für Schritt verdeutlichen was ich nacheinander zu tun habe. Als dann der Countdown für den Startschuss fiel, war mir immer noch nicht ganz klar, dass ich jetzt wirklich jeden Moment ins Wasser springen würde. Aber ich hab es dann doch getan und konnte dann zum Glück einfach meine Leistung „abspulen“ und es genießen, endlich wieder dabei zu sein.

Frage: Wie ging es dir bei diesem Triathlon in Viernhein allgemein und wie ging es dir speziell beim Laufen? Was für Gedanken sind dir währenddessen durch den Kopf gegangen?

Beim Schwimmen selbst hatte ich keine Ahnung, wo ich überhaupt im Rennen stehe, da direkt vor uns Frauen die Senioren gestartet sind, welche wir relativ schnell aufgeschwommen hatten. So war ich plötzlich von vielen Brustschwimmern umringt, die man im Slalom irgendwie umschiffen musste. Das hat mir sicher einiges an Sekunden geraubt. Die Wechsel liefen beide gut, ich habe mir aber viel Zeit genommen um nichts in der Eile zu vergessen. Auf dem Rad war ich dann endlich beim mir selbst angekommen und ich überholte sowohl unzählige Frauen als auch Männer. Als ich dann schließlich bis an die zweite Frau herangefahren bin, kam auch schon der Wechsel in die Laufschuhe. Als Gesamt Dritte Frau vor dem Laufen ins Stadion zu kommen war für mich einmal schon Wahnsinn. Das Laufen an sich war die ersten 5 km noch in Ordnung, aber dann wurde es echt hart und ich wurde auch langsamer, ich musste wiederum zwei Konkurrentinnen, die ich bereits überholt hatte, ziehen lassen. Ich hatte mich aber schon damit abgefunden, dass es so kommen würde, die 10km waren ja mehr oder weniger aus dem Stand heraus gelaufen und so war ich auch nicht verunsichert oder panisch gewesen, sondern eher stolz überhaupt so weit vorne gelandet zu sein. Ich dachte während den 10 km erstaunlicherweise kein einziges Mal an meine Verletzung, sondern habe eher generell an meinem Trainingsdefizit im Laufen zu leiden gehabt und wollte es dann einfach nur noch ins Ziel bringen.

Frage: Welches Resümee ziehst du jetzt aus diesem Wettkampf und was bedeutet es für dich für die Zukunft?

Der Wettkampf und speziell auch das Ergebnis davon haben mir persönlich viel bedeutet, denn ich konnte, speziell beim Radfahren, zeigen was ich gelernt hatte und dass ich es auch im Wettkampf umsetzen kann. Dadurch, dass ich nach dem zweiten Wechsel für einige Zeit auf Rang 3 lag, wusste ich, dass ich unter normalen Umständen ganz viel erreichen kann. Das ist auf jeden Fall etwas, bei dem ich dann in der Zukunft anknüpfen und es, zusammen mit meinem Trainer Philipp Seipp, weiterentwickeln möchte. Was das Laufen angeht, so bin ich stolz darauf, meinen Kopf besiegt zu haben, denn ich muss gestehen, dass ich noch zwei Wochen vor dem Rennen große Angst hatte, ob ich die 10 anstehenden Kilometer überhaupt durchlaufen könnte und ob mein Unterschenkel das aushalten würde. Dass dann so etwas dabei raus kommt, damit hätte ich wirklich nie gerechnet.

Frage: Wenn man als Athlet einen so heftigen in Rückschlag durch solch eine Diagnose (Ermüdungsbruch im Schienbeinkopf) bekommt, was hat das mit dir gemacht?
Und wie hast du es geschafft so stark und erfolgreich wieder zurückzukehren?

Mir ging es wirklich für einige Tage bzw. Wochen ganz und gar nicht gut. Ich liebe den Sport, und so war es für mich auf der einen Seite eine wirkliche Qual, sich gar nicht mehr bewegen zu dürfen. Spazieren gehen war auch tabu, ab und zu eine Stunde schwimmen gehen war das einzige, was mir noch ansatzweise erlaubt wurde. Das andere war zu sehen, wie die anderen Mädels erfolgreich waren und Wettkämpfe bestritten, sodass ich speziell an Wochenenden ein erneutes, großes Tief hatte. Ich wollte eben auch endlich zeigen können, was ich dazu gelernt hatte. Diese beiden Dinge haben ganz schön auf die Stimmung gedrückt. Ich habe dann die Zeit genutzt, um Sachen nachzuholen, die ich lange versäumt hatte, wie z.B. Freunde oder Familie besuchen und Zeit mit Personen zu verbringen, die mir wichtig sind. Das hat mir auf jeden Fall über diese Zeit hinweg geholfen. Außerdem habe ich sehr viel Unterstützung bekommen. Von zu Hause von meiner Familie, meinen Freunden, meinem Trainer, den Ärzten, bei denen ich in Behandlung war und die sich immer super um mich gekümmert haben. Dafür bin ich sehr dankbar, und ich weiß auch, dass ich in der Zeit sicher keine einfache Patientin war…

Frage: Wie haben sich denn die ersten Laufschritte, die du nach 3 Monaten ohne Lauftraining gemacht hast, wieder angefühlt? Was hat dir dabei besonders geholfen?

Um ehrlich zu sein, es war grauenvoll. Es hat sich am Anfang absolut nicht nach Laufen angefühlt, ich hatte es irgendwie „verlernt“, aber 3 Monate sind ja auch eine lange Zeit. Es hat sich alles ganz ungewohnt und komisch angefühlt, und dazu kam noch, dass ich eine große Portion Angst hatte, wieder den bekannten Schmerz von Mitte Mai zu spüren oder irgendetwas kaputt zu machen. Ich habe mich Schritt für Schritt langsam vorgetastet und mein Trainer hat mich durch einen Wechsel aus Gehen und Laufen – mit immer länger werdenden Laufabschnitten- ganz langsam und entspannt wieder an das Laufen herangeführt. Dieses behutsame Vorgehen und die Geduld haben mir dabei auf jeden Fall geholfen, wie auch die mentale Unterstützung durch meine Mutter, die mir die Angst vor dem Aufkommen der Füße auf dem Boden genommen hat. Ich hatte auch meine Lauftechnik verlernt und habe sie mir mit Hilfe meines Trainers wieder langsam angeeignet und arbeite aktuell immer noch daran, es wieder richtig umzusetzen.

Letzte Frage: Welche Ziele hast du noch für dieses Jahr und inwiefern haben sich Dinge, Haltung und Sichtweisen in Bezug auf den Körper und Leistungssport verändert?

Ich werde dieses Jahr noch an zwei weiteren Wettkämpfen teilnehmen und möchte gerne da weiter machen, wo ich aufgehört habe. Speziell hoffe ich, dass mir das Laufen leichter fallen wird und ich dort evtl. eine kleine Leistungsverbesserung erzielen kann. Das Wichtigste ist aber, Spaß daran zu haben und weitere Wettkampferfahrung zu sammeln. Und natürlich: Gesund zu sein und gesund zu bleiben und auf seinen Körper hörenJ. Das ist auch etwas, das ich für die Zukunft mitnehmen möchte. Das Vergangene hat mein Gespür für mich und für Prozesse, die in meinem Körper ablaufen, weiter geschult und mir gezeigt, dass man jedes Ziehen in den Beinen, auch wenn es noch so plötzlich auftritt, nicht ignorieren darf. Bei mir ging das mit dem Ermüdungsbruch so schnell innerhalb weniger Tage, dass ich nie mit so einer Diagnose gerechnet hätte. Aber genau das zeigt, dass es sich lohnt, noch sensibler zu sein und noch genauer auf die Anzeichen seines Körpers zu achten.

Mutter und gleichzeitig Mentaltrainerin von einer ehrgeizigen Tochter zu sein, ist für mich eine Rolle/Tätigkeit die ich von Herzen gern mache. Wir versuchen die Aufgaben so gut es geht zu trennen, damit die Professionalität gewahrt ist und die neu erlernten mentalen Strategien zum Ziel führen.
Ich bedanke mich bei meiner wunderbaren Tochter, einer leidenschaftlichen Triathletin für dieses Interview und wünsche ihr ganz viel Glück und Erfolg für Ihre Zukunft.

Sabine Keim

 

 

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